Die 10 größten Irrtümer der Arbeitgeber in der betrieblichen Altersversorgung (bAV)

14.05.2024




Von Dipl.-Betriebswirt Heinz Weber, c/o Weber & Partner e.K., Altötting
Vorstandsmitglied im Bundesverband pauschaldotierter Unterstützungskassen e.V.

Bei vielen mittelständischen Arbeitgebern bestehen im Zusammenhang mit der betrieblichen Altersversorgung hinsichtlich deren rechtlichen Tragweite und betriebswirtschaftlichen Bedeutung große Irrtümer mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen. Eine weitgehend fehlende qualifizierte Beratungs-Expertise zu rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten ist dafür verantwortlich. Das riesige Potential eines versicherungsfreien bAV-Versorgungswerks, wie es seit über 100 Jahren z.B. bei Siemens zur Bindung hochqualifizierten Personals und bankenunabhängigen Unternehmensfinanzierung eingesetzt wird, bleibt so vielen mittelständischen Unternehmen verwehrt.

Es ist daher höchste Zeit, über die 10 größten Denkfehler und Mythen in der bAV aufzuklären:

Irrtum Nr. 1: Der Versicherungsmakler als bAV-Berater
Das ist der Ausgangspunkt aller großen Irrtümer. Die bAV ist nämlich kein Versicherungsrisiko, sondern ein komplexes Rechtsgebiet mit Betriebswirtschaft auf höchsten Niveau. Es versteht sich von selbst, dass hierfür der Versicherungsmakler als Produktverkäufer für Versicherungskonzerne hierfür denkbar ungeeignet ist. Er ist weder zur Rechtsberatung befugt noch verfügt er über ausreichendes betriebswirtschaftliches Know-how. Seine "Lösung" ist stets der Versicherungsvertrag mit den hohen intransparenten Kosten für den/die Mitarbeiter/in und dauerhaftem Liquiditätsentzug für den Arbeitgeber.

Irrtum Nr. 2: Entgeltumwandlung ist ein Benefit des Arbeitgebers
Entgeltumwandlung bedeutet für den Arbeitnehmer Entgeltverzicht auf verdienten Lohn. Von einem Arbeitgeber-Benefit kann daher nicht die Rede sein. Schon gar nicht, wenn der Entgeltverzicht mit kostenintensiven Versicherungen verbunden ist, die keine Leistungen garantieren wollen. Daran ändert auch der Pflichtzuschuss des Arbeitgebers nichts. Kostenintensive Versicherungsverträge werden dadurch nur etwas weniger unattraktiv.

Irrtum Nr. 3: Der Steuerberater ist bAV-Experte
Der Steuerberater ist der erste Ansprechpartner, wenn es um steuerliche Fragen geht. Der Steuerberater ist aber -von Gesetzes wegen- kein "Mädchen für alles". Denn die bAV ist ein rechtliches und betriebs-wirtschaftliches Spezialgebiet, das für nicht spezialisierte Steuerberater hohe Haftungsrisiken ins sich birgt. Der nicht spezialisierte Steuerberater kann keine rechtlich verbindlichen Auskünfte erteilen oder eine Haftung übernehmen. Steuerberater sind daher erleichtert, wenn sie die Verantwortung auf hochspezialisierte Berufskollegen übertragen können. So wie es in der Medizin seit jeher die Praxis ist: Der Hausarzt überweist den Patienten zum Facharzt.

Irrtum Nr. 4: Portabilität ist ein Qualitätsmerkmal
So lautet der Werbeslogan der Versicherungswirtschaft. Weshalb der Portabilitätsanspruch nur bei versicherungsförmigen Durchführungswegen gilt wird natürlich nicht erwähnt: Weil diese im Gegensatz zu versicherungsfreien Durchführungswegen mit hohen Vertriebs- und Verwaltungskosten belastet sind. Ohne den Übertragungsanspruch des Arbeitnehmers würden bei einem Arbeitgeberwechsel bei einem Neuabschluss wiederholt hohe Kosten anfallen und bei mehrfachen Arbeitgeberwechsel nie zu einem Guthaben kommen. Wichtig: Der Übertragungsanspruch bezieht sich nur auf ein vorhandenes Guthaben, jedoch nicht auf die Versorgungszusage des früheren Arbeitgebers. Dazu ist eine separate arbeitsrechtlich verbindliche Vereinbarung zwischen alten und neuen Arbeitgebern erforderlich. Das gilt insbesondere dann, wenn in der Versorgungszusage noch das Berufsunfähigkeitsrisiko eingeschlossen wurde.

Irrtum Nr. 5: Eine Versicherung schützt vor Arbeitgeberhaftung
Dieser Mythos ist weit verbreitet. Nein, die bAV ist immer eine Zusage des Arbeitgebers, egal ob arbeitnehmer- oder arbeitgeberfinanziert. Er haftet grundsätzlich, auch wenn die Durchführung nicht direkt über ihn erfolgt, sondern über Versicherungen als externe Durchführungswege. Die Arbeitgeber-haftung lässt sich bei keinem der fünf Durchführungswege ausschließen. Das mussten gerade in jüngster Zeit viele Arbeitgeber schmerzlich erfahren, weil mehrere Pensionskassen, darunter auch die Pensionskasse der Steuerberater, versprochene Leistungen gekürzt haben. Für den Kürzungsbetrag mussten die Arbeitgeber aufkommen. Sie konnten sich nicht auf die Versicherung berufen.

Irrtum Nr. 6: bAV mit Berufsunfähigkeit ist vorteilhaft
Davor kann nur gewarnt werden! Die BU im Rahmen der bAV bietet vielfältige Probleme und Risiken, von der Ablehnung der Leistung durch den Versicherer und arbeitsrechtlichen Verpflichtung des Arbeitgebers, bis zur Problematik der fehlenden beitragsfreien Leistung der BU-Versicherung. Die Versprechen und Klauseln der Versicherung decken sich selten mit der arbeitsrechtlichen Zusage und Verpflichtung des Arbeitgebers. So kann die Versicherung aus unterschiedlichen Gründen von der Leistung befreit sein. z.B. weil wegen Ausscheiden des Mitarbeiters kein Beitrag in die BU-Versicherung bezahlt wird, aber ein ratierlicher Anspruch des Arbeitnehmers besteht. In diesem Fall muss der Arbeitgeber die Leistung übernehmen. Das ist aber nur ein Beispiel von vielen. Viele Fehler zeigen sich erst später, wenn aufgeklärte oder gut beratene Arbeitnehmer sich melden und Ansprüche stellen. BU in der bAV ist für den Arbeitgeber ein unkalkulierbares Risiko und kann zum Ruin des Unternehmens führen.

Irrtum 7: Arbeitnehmer haben einen Rechtsanspruch auf eine Direktversicherung
Falsch! Arbeitnehmer haben lediglich einen Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung. Den Durchführungsweg oder den Versorgungsträger bestimmt allein der Arbeitgeber. Nur wenn der Arbeitgeber von sich aus keinen alternativen Durchführungsweg anbietet, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Direktversicherung zur Entgeltumwandlung als Minimallösung.

Irrtum Nr. 8: Mit der Übertragung des Versicherungsvertrags wird auch die Zusage übertragen
Das versicherungsvertragliche Verfahren ist beim Ausscheiden eines anspruchsberechtigten Mitarbeiters die Quelle vielfältiger Risiken. Denn durch die Mitgabe des Versicherungsvertrags werden nur die Rückdeckungsmittel vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer übertragen. Die arbeitsrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers aus der Zusage verschwindet damit nicht automatisch. Der neue Arbeitgeber wird bei fundierter rechtlicher Aufklärung die Übernahme einer Haftung ablehnen. Damit haftet der alte Arbeitgeber weiter für seine gegebenen bAV-Zusagen.

Irrtum Nr. 9: Ein Arbeitgeberzuschuss ist Pflicht
Dies ist falsch. Diese Verpflichtung betrifft lediglich die Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds. Weder die pauschaldotierte Unterstützungskasse noch die Direktzusage sind hiervon betroffen. Mit dem Pflichtzuschuss soll das Kostenproblem mit Versicherungsverträgen abgeschwächt werden. Der Pflichtzuschuss wird daher von den Mitarbeitern nicht als Benefit verstanden und ist für Arbeitgeber eine noch höhere Liquiditätsbelastung.

Irrtum Nr. 10: bAV ohne Versicherung ist ein Risiko
So lautet das Narrativ der Versicherungslobby. Direktversicherungen und Pensionskassen haben jedoch in der über hundertjährigen Erfolgsgeschichte der bAV niemals eine Rolle gespielt. Erst mit Einführung der Entgeltumwandlung entdeckten oder besser gesagt, missbrauchten die Versicherungskonzerne sie als "kräftig sprudelnde Ölquelle" (Zitat C. Maschmeyer).


  



          Tel. 08671-9816-0

          Email: info@weber-partner.com

Jetzt
Termin
reservieren